Und weiter geht´s!
Mit dem dritten und finalen Teil unserer Gesprächsrunde mit Martin Pluschke, Gründer und Geschäftsführer bei Codecamp:N sowie Thomas Dormann und Jens Hofmann von der Möbelkollektiv GmbH über die Zukunft von Arbeit, Raum als äußerer Ausdruck einer inneren Haltung und digitale und analoge Räume.
Wer die ersten beiden Episoden verpasst hat, kann diese hier nachlesen!
Nora: Stichwort New Work. Thomas, du als Experte – und Martin ja auch als Praktiker. In dem Sinne, wie ihr die Arbeitsräume bei euch gestaltet und wie ihr arbeitet: Was ist denn eigentlich New Work?
Thomas: Gute Frage. New Work ist vieles. Per definitionem heißt es ja, nach dem „Erfinder“ Frithjof Bergmann, dass es das ist, was du wirklich wirklich willst. Bergmann ist ja sozialphilosophisch und gesellschaftspolitisch an das Thema herangegangen. Unter der Prämisse: Arbeit ist viel mehr als damit Geld zu verdienen und seine Brötchen zu kaufen. Was für uns hier wichtig ist: wir sind keine Freunde eines Entweder TRADITION oder NEW WORK, sondern eines UND! Arbeit ist doch viel mehr. Und zwar im Idealfall das, was dich antreibt und motiviert. Und daraus hat sich in der Diskussion dann ein Gegensatz entwickelt zu traditioneller Arbeit. Den sehen wir aber gar nicht. Deswegen ist unser alternativer Titel auch: Nicht neu arbeiten, sondern anders arbeiten, oder alternative work. Wir hatten ja auch schon in einem Blogbeitrag die Philosophie dazu entwickelt, die sich freedealism nennt. Es macht einfach Sinn, selbstbestimmt und nachhaltig motiviert aber auch solidarisch zu kooperieren.
Martin: Ja, das sagst du jetzt in deinem jugendlichen Leichtsinn [alle lachen]. Wir hatten vor einiger Zeit mal Leute aus Berlin da, die sich auf Design Thinking spezialisiert haben und die haben auch einen Einführungsworkshop zum Thema New Work gehalten. Und alle meine Mitarbeiter haben ausnahmslos gesagt „Hä, New Work, was ist denn das eigentlich?“. Und da habe ich verstanden, dass das für die ganz normal ist. Die waren nie im System der Legebatterien und der protestantischen Arbeitsethik, das kennen die (Gott sei Dank) nicht. Ich störe mich massiv an dem Thema, dass wir New Work Experten wären. Das sind wir nämlich nicht. Ich hätte auch gerne 1990 so gearbeitet, aber konnte es halt nicht. Wir arbeiten heute einfach so, wie wir schon immer arbeiten wollten. Das hat es lange einfach nicht in die Produktivitätslogik hineingeschafft. Die Trennung von Arbeit und Freizeit ist ja aber nichts Gottgegebenes, die ist ja erst während der Industrialisierung aufgekommen.
Thomas: Zentral ist ja immer die für die Unternehmen individuelle Praktikabilität. Denn das Ganze muss am Ende ja funktionieren. Das, was der eine oder der andere sagt, ist immer nur die halbe Miete. Die gesamte Miete versucht man im Miteinander zu erarbeiten. Mit hoffentlich guten Mitarbeitern und Mitspielern.
Nora: Thomas, wie können oder sollten denn aus deiner Sicht Arbeitsräume der Zukunft gestaltet sein?
Thomas: Wir versuchen da ständig am Puls der Zeit zu sein und tauschen uns mit unserem Netzwerk aus. Und was wir feststellen ist, dass etwa das Thema Desksharing in Zukunft keine so große Diskussion mehr sein wird. Das wird es geben, der persönliche zugewiesene Arbeitsplatz mit dem eigenen Kaktus wird aber keine große Rolle mehr spielen. In Zukunft werden Räume benötigt, die das bieten, was wir hier besprochen haben – die den Menschen das geben, was sie zum richtigen Zusammenarbeiten gerade brauchen. Aus unserer Sicht sind das oft kommunikative Räume, Multifunktionsräume, flexible Räume, in denen modulare Einrichtung und wechselnde Technik bei wechselnden Methoden für unterschiedliche Projekte teils nur temporär vorhanden sind.
Nora: Abschließend möchte ich gerne noch auf die Rolle des Spielens zu sprechen kommen. Martin, bei euch sind die Räume ja spielerisch gestaltet – es werden immer wieder Referenzen zu Spielen aufgegriffen. Welche Rolle haben denn Spiele oder überhaupt das Spielen im Kontext von Arbeit für dich?
Martin: Fangen wir doch mal beim Recruiting an. Wir sagen immer Don´t hire for skill, hire for attitude. Skill können wir beibringen. Aber ich brauche die Jungs und Mädels mit dem irren Blick. Und zumindest bei uns haben diese Leute einen Drang zum Spielen – vom Brettspiel bis zum Zocken. Und auch im Wettkampf. Wir unterstützen bei uns aktiv das Spielen, einfach weil ich keinen guten Coder kenne, der nicht gerne spielt. Bei der Einrichtung in der Solgerstraße haben wir es dann auch unseren Leuten überlassen, wie sie gestalten wollen und die meinten: Wir wollen Games-Themen in der Gestaltung mit drin haben. Wir haben Oldschool-Spielautomaten im Büro, aber auch die Räume selbst sind teils thematisch gestaltet, angelehnt an die Spiele Zelda oder World of Warcraft etwa. Das erhöht die Identifikation – es ist plötzlich nicht mehr nur ein Raum, sondern DEIN Raum. Der Gedanke: Wenn ich die Liebe in den Raum reinpacke, dann packen die Leute die Liebe vielleicht in die Arbeit rein.
Nora: Und einen Billardtisch habt ihr ja auch…
Martin: Ja, das war mit Abstand die beste Anschaffung. Jetzt haben wir mit Dart, Kicker und Billard wirklich alles und es gibt keinen Grund mehr, in die Kneipe zu gehen, sondern man geht zu uns, bringt Freunde mit und der ein oder andere wurde dann auch zum Codecamper. Wir brauen nämlich auch eigenes Bier mit unserer Bierbrau-Anlage im Keller. Wir sind quasi autark [lacht].
Nora: Thomas, Jens, Billardtisch – wie schaut´s aus? Das fehlt dem Möbelkollektiv in seiner Spiele-Kollektion noch. Wie seht ihr das? Was hat denn Spielen mit dem Menschsein zu tun?
Jens: Sehr viel. Wir sind gerade am Überlegen, was wir an Spielen noch reinholen können. Wir setzen das Spielerische aber ja auch direkt in der Workshop-Arbeit, etwa durch Lego Serious Play ein. Das ist enorm wichtig auch für die Umsetzung der Räume.
Thomas: Wir konnten alle mal spielen, haben das aber verlernt. Jetzt sind wir dran, dass wir die Räume so gestalten, dass wir uns das wieder zurückholen können.
Nora: Wieder spielen(d) arbeiten lernen und arbeitend spielen. Danke für dieses Schlusswort!