Servant Leadership, ja bitte!

Schon mal was von Servant Leadership gehört? Das Konzept geht zurück auf den Philosophen Robert K. Greenleaf und stellt so einiges auf den Kopf, was in unseren Köpfen oft noch Selbstverständlichkeit ist. Obwohl ein mittlerweile etablierter Ansatz in der Führungsforschung, ist er in der Öffentlichkeit wenig bekannt und wird in ebenso wenig Unternehmen bislang umgesetzt. Der Kern: Es geht um ein dienendes Führen im Gegensatz zu einem beherrschenden Führen.

Auf die Idee kam Greenleaf beim Lesen. Und zwar der Erzählung »Die Morgenlandfahrt« von Herman Hesse. 1932 erstmals erschienen, beschreibt die Geschichte die mystische Reise einer Gruppe. In deren Zentrum steht die Figur Leo, der Diener der Reisegruppe ist, zugleich aber ihr eigentlicher Führer. Er gibt der Gruppe auf der beschwerlichen Reise durch Lieder, Geschichten und seine einnehmende Präsenz konstant Hoffnung und wird zum Dreh- und Angelpunkt der Unternehmung. Als er spurlos verschwindet, zerbricht die Gruppe und die Reise wird aufgegeben.

Philosoph Greenleaf ist fasziniert von der Idee, dass der Dienende der eigentlich Führende ist. Elf Jahre lang rumort Hesses Geschichte in ihm. Dann schließlich gießt er dieses Gefühl, dass es ein ganz neues Verständnis von Führungspersönlichkeit und -Qualität brauche, in einen philosophischen Ansatz. 1970 erscheint sein Essay »The Servant As Leader«, in dem der Begriff der Servant Leadership, also der dienenden Führung, erstmals eingeführt wird. Später wird daraus ein Buch, dann eine ganze Bewegung.

Zentral für den Ansatz ist, so schreibt Greenleaf:

»The servant-leader is servant first… Becoming a servant-leader begins with the natural feeling that one wants to serve, to serve first. Then conscious choice brings one to aspire to lead. That person is sharply different from one who is leader first… The difference manifests itself in the care taken by the servant first to make sure that other people’s highest priority needs are being served. The best test, and the most difficult to administer, is this: Do those served grow as persons? Do they, while being served, become healthier, wiser, freer, more autonomous, more likely themselves to become servants?«

Der Lackmustest eines dienenden Führungsstils ist also: Wachsen die, denen ich als Führungsperson diene, durch meine Führung als Individuen? Werden sie, dadurch, dass ich ihnen diene, gesünder, weiser, freier, autonomer und ist es wahrscheinlicher, dass sie durch mein Dienen in ähnlicher Weise anderen dienen wollen?

Damals wie heute ist der Ansatz des Servant Leadership radikal. Radikal wichtig. Weil er über klassische Macht-Asymmetrien und Dominanzstrukturen hinausgeht und den Menschen in den Fokus nimmt, mit dem alles steht und fällt. Und: Weil er in agilen und digitalen Arbeitsumfeldern und -Kontexten weitaus vielversprechender ist als autoritäre Führungsstile.

Kennt ihr ein Unternehmen, das Servant Leadership nutzt? Oder nutzt ihr es sogar in eurem eigenen Unternehmen? Wo seht ihr die Vorteile? Und wo die Nachteile? Schreibt uns eure Erfahrungen!

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