Der:die Arbeitsame ist in unserer Gesellschaft generell positiv konnotiert. Wem Eigenschaften wie »fleißig« zugeschrieben werden, auf den:die ist was zu halten. Arbeit und soziale Zugehörigkeit gehen Hand in Hand. Wer arbeitet, der gehört zum „arbeitenden Teil“ der Gesellschaft. Was sich synonym verkürzt auch einfach ausdrücken lässt in: Wer arbeitet, gehört zur Gesellschaft. Wer nicht arbeitet, wird von dieser nur toleriert bzw. mitgetragen.
Dieses (Selbst)Verständnis zieht sich durch unser Miteinander und unsere Struktursysteme. Aussagen wie die von Steffen Kampeter, dem Chef des deutschen Arbeitgeberverbands, die Menschen müssten wieder »mehr Bock« auf Arbeit haben, fügen sich bezeichnend in diese Logik ein.
Nur: Nichts daran ist selbstverständlich oder gar »natürlich«. Das Konzept von Arbeit ist ein soziokulturelles und politisches Produkt, das in ebendiesen Sphären ausgehandelt wird. Was Arbeit ist und welche Arbeit als sinn- und wertvoll definiert wird, ist nicht Ergebnis eines organischen, sondern eines gesellschaftlichen Prozesses.
Bei den Philosophen der griechischen Antike etwa war unser heutiges Verständnis von Arbeit auf den Kopf gestellt. Sie begriffen die Kontemplation, also die Nicht-Arbeit, als Grundbedingung für geistige Kreativität. Bei Aristoteles und Co. ist alles Erstrebenswerte ausgerichtet auf das Ziel der Erlangung der damals propagierten Tugendhaftigkeit. Aristoteles und auch Platon lehrten, dass die »arbeitenden Klassen nicht regieren und die regierenden Klassen weder arbeiten noch Geld verdienen dürfen«.
Oberstes Ziel: Der Erkenntnisgewinn, das Werden eines tugendhaften Charakters. Das könne nur der erreichen, der Zeit für Kontemplation hätte. Also für das, wie wir heute vielleicht sagen würden, fürs »Nichts-Tun«. Wenn Kontemplation und das Nachdenken über das Sein (in) der Welt und der Austausch miteinander heute wie damals sinnstiftend ist, kann das Ziel ja nur eine in dieser Hinsicht bessere Gesellschaft sein.
Fazit: »Arbeit« ist ein Füllwort. Was das dann wirklich bedeuten soll, das liegt in unseren Händen.
Was denkt ihr? Wie definiert sich für euch Arbeit? Was ist für euch wichtig?