Ja, Krise ist kritisch. Die vergangenen zwei Jahre Corona-Pandemie und nun die Energiekrise, bedingt durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Die Preise für Gas und Strom gehen durch die Decke. Tipps zum Energiesparen sind hoch im Kurs. Nach den Pandemiejahren fühlt sich die gegenwärtige Situation für viele an wie der Übergang vom Regen in die Traufe.
Unternehmen ächzen und stöhnen. Rettungsschirme hier, Regierungshilfen dort. Und irgendwie scheint die Spirale doch immer weiter nach unten zu zeigen. Die große Erzählung vom Volkswohlstand scheint auserzählt.
Man könnte dem jetzt nachtrauern.
Oder man nutzt die Gelegenheit, um endlich echte Veränderung anzustoßen.
Denn: Wenn man sich unseren ökologischen, ökonomischen und sozialen Fußabdruck der letzten zweihundert Plus Jahre anschaut, drängt sich eine Frage auf: Ob die Erzählung von Wachstum, Wohlstand für alle und mindestens zwei Autos pro Haushalt nicht einfach immer schon ein Märchen war. Eines, das auf dem Rücken anderer ausgetragen wurde. Ärmerer Menschen und Weltregionen, die für die Aufrechterhaltung des westlichen Lebensstandards ausgebeutet wurden. Und: Auf Kosten von Natur und Umwelt. Die Klimakrise ist die Herausforderung des 21. Jahrhundert. Dass es im Hinblick auf das Klima ein „Weiter so“ nicht geben kann, das hat die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel schon 2007 betont. Passiert ist seit damals nicht allzu viel. Wir machen eben so lange weiter, so lange es irgendwie geht und hoffen einfach, dass, wenn es nicht mehr geht, es dann noch nicht final zu spät ist. Das ist menschlich, wenn auch herausragend kurzsichtig.
Und nun, da unser bislang so selbstverständlicher Wohlstand spürbar in Gefahr ist, wird allerorts, auch bei vielen Unternehmen, Empörung laut. Nur: Gerade Unternehmen sollten es doch besser wissen? Bedeutet Unternehmertum nicht auch, für schlechte(re) Zeiten zurückzulegen? Für Krisen gewappnet zu sein? Und vor allem: Sich an neue Gegebenheiten anzupassen, wenn es notwendig ist? Kurz: Flexibel und offen für Veränderung und Wandel zu bleiben?
Ja, das ist eine Krise. Aber eine Krise, die auch einlädt. Unsere bisherigen Narrative von stetem Wachstum (auf wessen Kosten und um welchen Preis und wie definiert?) zu hinterfragen und zu überdenken. Uns echter Veränderung gegenüber offen zu zeigen und uns endlich um ein Wachstum zu kümmern, das nicht permanent anderen schadet. Begriffe neu zu denken und Konzepte inhaltlich neu zu füllen. Alte Definitionen über Bord zu werfen. Veränderung proaktiv anzunehmen. Jetzt!
Umdenken. Neu denken. Anders denken. Wie wäre es etwa mit einem Solidaritätsfond zwischen Unternehmen, anstatt die Unternehmensverantwortung in Krisenzeiten dem Staat und damit den Menschen aufzubürden? Oder, umgekehrt, mit einer Anteilsbeteiligung der Bürger:innen an Unternehmenserfolgen in guten Zeiten? Es gibt viele Ideen, Krisen neu zu denken.
Was sind deine?
Bild: Malcolm Garrett/Pexels